Unsere Arbeit formt unser Gehirn oder: Motivation kommt beim Arbeiten.

Ulrich Grannemann – Was bedeuten die neuen Erkenntnisse der Hirnforschung für Führungskräfte und Ihre Mitarbeiter? Was haben die Veränderungen zum Beispiel mit zunehmenden Burnoutfällen zu tun? 

Unsere Arbeit formt unser Gehirn.
 
Unser Gehirn ist das veränderlichste Organ unseres Körpers. Es passt sich täglich an. Diese Veränderungsfähigkeit macht uns überlebensfähig und versucht ständig neue Wege zwischen uns und einer sich verändernden Welt zu finden. Unser Gehirn schafft Verbindungen zwischen unseren Handlungen und unserem Belohnungszentrum.  Neuronen wachsen dort, wo Sie belohnt werden.
 
Mit dieser Anpassungsmechanik wird unser Gehirn zum Abbild dessen, was wir tun und wie Prof. Hüther, Göttingen, betont, es wird ein Abbild dessen, was wir gerne tun oder noch deutlicher: was wir mit Begeisterung tun. Er nennt ein eindringliches Beispiel: Wird ein 80-Jähriger chinesisch lernen? Sehr unwahrscheinlich! Was ist aber, wenn er in eine 60-Jährige attraktive Chinesin verliebt ist?
 
Die Motivation entsteht durch die Arbeit selbst.
 
Die Belohnungsneurotransmitter, wie Dopamin und Serotonin, wirken wie Dünger für das Wachstum von Synapsenverbindungen. Sie werden so auch als neuroplastische Botenstoffe bezeichnet. Übernehmen wir eine Aufgabe und werden wir in dieser immer besser, dann wird die Aufgabe mit der Zeit eine Quelle des Selbstwertgefühls. Die Aufgabe ergibt Sinn (die Auffassung, dass der Sinn des Lebens durch das Leben selbst entsteht, ist also gar nicht so falsch).
 
Die Veränderungsgeschwindigkeit übersteigt das menschliche Maß!
 
Wechseln nun die Aufgaben zu schnell, gerät das Gehirn an seine Grenzen der Anpassung. Interne Belohnungsstränge werden durch die veränderte Aufgabe nicht mehr gebraucht und die, die gebraucht werden, sind noch nicht aufgebaut.
 
Ein Mitarbeiter kann nicht einfach so von heute auf morgen empfundene Verantwortung abgeben.
 
Eine Aufgabe wird – überzeichnet gesprochen – zum Suchtmittel. Eine Veränderung verlangt vom Mitarbeiter, darauf zu verzichten – und das gelingt nicht immer. Der Mitarbeiter hält an der alten Verantwortung, an den eigenen, alten Erfolgskriterien fest. Neben der alten, gewollten Verantwortung kommt nun die neue, die (u.U. noch) keinen Spaß macht. Vor diesem Hintergrund kann man verstehen, warum so viele Mitarbeiter an alten aber nicht mehr geforderten Aufgaben und Leistungskriterien festhalten. Folge ist die Zunahme der Brutto-Arbeitszeit. Klar, wenn ich zwei Jobs habe: einen für mich und einen für die Erwartungen von außen.
 
Und gibt es einen Ausweg?
 
Und was nun? Gibt es einen Ausweg aus dem Stress zwischen gesellschaftlicher Veränderungsnotwendigkeit und individueller Veränderungsfähigkeit? „Stoppt die Globalisierung! „ oder „Nehmt die Arbeit nicht so ernst, sucht die Befriedigung im Privaten“ wären zwei Möglichkeiten.
 
Schafft reiche Anreizlandschaften
 
Burisch (2010, S. 156, vgl. Klinger 1998) spricht von Anreizlandschaften. Sind diese verarmt, sind keine Alternativen mehr vorhanden, wenn alte Handlungsstränge verloren gehen. Es ist also ein Fehler, alles auf eine „Karte“ zu setzen, auf eine Funktion oder Aufgabe, auf ein Ziel. Man sollte also auch anreiz- und motivationsmäßig mehrere Eisen im Feuer haben. Die Antwort auf die wachsende Diversität der Welt ist die wachsende Diversität der Interessen, Aufgaben und „Hobbies“. Angenommen Ihre jetzige Funktion fiele weg? Was würden Sie stattdessen gerne tun?
 
Ist der Sinn des Lebens und Arbeitens, den Augenblick anzustreben, in dem alle Ziele erreicht sind, oder eine bestimmte Art zu leben?
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