Destruktivität in Konflikten – Konfliktverstärker und ihre Ursachen

Michael SchmidtViele Menschen haben den Wunsch, entweder Konflikte von vornherein zu vermeiden oder sie, wenn sie denn schon auftreten, dann möglichst schnell und dauerhaft konstruktiv zu lösen. Warum fällt es dann vielen Menschen immer wieder so schwer, sich konstruktiv zu verhalten?

Konstruktiv zu sein bedeutet, sich aufbauend und beziehungsstärkend zu verhalten und hilfreiche Beiträge zur Konfliktlösung zu leisten. Mit destruktivem Verhalten bezeichnet man das Gegenteil. Dabei ist es für die Wirkung des Verhaltens erst einmal weniger wichtig, ob die Destruktivität absichtlich oder versehentlich oder unbewusst eingebracht wird. Sie wirkt zerstörerisch sowohl auf der Sachebene (es werden gar keine oder schlechte Lösungen gefunden, die zu weiteren Konflikten und zu Qualitätsmängeln führen) als auch auf der Beziehungsebene (Vertrauen geht verloren, Missverständnisse nehmen zu, Menschen können oder wollen nicht mehr zusammenarbeiten bis hin zu Gewaltausbrüchen) zu mangelhaften Konfliktlösungen und zur Verschärfung von Konflikten.
 
 
1.     Die grundsätzlichen Konfliktverschärfer
 
Wie wird ein Konflikten erzeugt bzw. verschärft? Meist geschieht dies durch folgende Ereignisse, Gefühle und Verhaltensweisen:
 
·         Missverständnisse (absichtliche oder unabsichtliche)
·         Unaufrichtigkeiten oder der „taktische Umgang mit der Wahrheit“
·         Nachlässigkeiten in der Wortwahl oder im Umgang miteinander
·         Das Beharren auf Meinungen und Grundsätzen
·         Fehlende oder unklare Grenzen
·         Fehlverhalten in Konfliktsituationen, wie z. B. Beleidigungen oder gegenseitige Unterstellungen böser Absichten
·         Verweigerung der Kommunikation
·         Furcht, Schmerz und Angst; diese Gefühle liegen fast allen Konflikten zugrunde
·         Heuchelei; sie wirkt ähnlich wie Unaufrichtigkeit
 
Nun sind all diese Ereignisse, Gefühle und Verhaltensweisen durchaus menschlich und, oft aus dem Bedürfnis der Agierenden heraus, sich zu schützen, nachvollziehbar. Oftmals hilft es allerdings schon, sich diese Punkte bewusst zu machen, um Konflikte zu entschärfen und eine bessere Lösung zu finden.
 
 
2. Woher kommt die Destruktivität?
 
Konflikte erzeugen vielfach große Spannungen, die in keinem angemessenen Verhältnis zum Konfliktgegenstand oder Thema stehen. Dieses Ausmaß an Spannung resultiert aus zwei Erfahrungen: Zum Einen waren im Laufe der Evolution Konflikte häufig lebensbedrohlich, sei es der Kampf gegen interne Rivalen oder externe Gegner. Da es also in Konflikten früher um Leben und Tod ging, bekommen wir im Konfliktfall auch heute noch oft mehr aggressive Energie zur Verfügung gestellt, als wir zur Lösung benötigen.
 
Zum Anderen haben die Menschen ihre ersten Konflikterfahrungen in der Kindheit gemacht. In diesen Konflikten waren wir den Erwachsenen oder älterem Geschwistern hilflos ausgeliefert und diese entschieden über uns hinweg. Unter Spannung und Stress fallen wir daher auch als Erwachsene immer wieder in Gefühle und Verhaltensmuster unserer Kindheit oder Pubertät zurück. Wir fühlen uns ohnmächtig und hilflos, und das führt schnell zu Destruktivität und Wut. Oft fallen im Zusammenhang mit solchen Verhaltensweisen bei Erwachsenen Kommentare wie: „Wir sind hier doch nicht im Kindergarten!“ Dies zeigt, dass zumindest den Beobachtern des Geschehens klar ist, was da gerade abläuft, auch wenn solche Kommentare nicht unbedingt hilfreich sind.
 
Weil solche Konflikte der Gemeinschaft schaden können, haben sich im Laufe der Menschheitsgeschichte viele Rituale herausgebildet, die solche Konflikte befrieden und lösen helfen. Es wurden Regeln herausgebildet und Autoritätspersonen mit Befugnissen ausgestattet, die zu einer Lösung beitrugen. So lange diese Verfahren, Rollenverteilungen, Strukturen und Autoritäten von allen akzeptiert waren, konnte man sich darauf verlassen.
 
Ein gutes Beispiel dafür ist heute noch der Sport. Hier darf man sich – nach bestimmten Regeln und unter der Leitung von Schiedsrichtern – messen, gegeneinander kämpfen und abreagieren. Regelverstöße lösen ebenso starke Emotionen aus wie Siege oder Niederlagen. Oftmals identifizieren sich die Zuschauer mit den Sportlern und empfinden mit ihnen, weil diese quasi stellvertretend für sie im Zeitraffer die Konflikte des Alltag und des Lebens schlechthin austragen.
 
Auch wenn die Strukturen und Rituale der Vergangenheit nicht immer befriedigende Lösungen für alle Beteiligten hervorbrachten, gaben sie doch einen Halt und vermittelten Verlässlichkeit und Sicherheit. Mit zunehmender Auflösung dieser gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politische Strukturen müssen die einzelnen Menschen immer mehr Eigenverantwortung für ihr Leben und damit auch für die Lösung der eigenen Konflikte übernehmen. Damit wird Konfliktfähigkeit immer mehr zu einer Notwendigkeit und deren Fehlen zu einer persönlich erlebten Schwäche, die die Ohnmachtsgefühle und die Wut noch zusätzlich verstärken können. Und damit: Zurück auf Anfang!
 
Fazit: es lohnt sich, an der eigenen Konfliktfähigkeit zu arbeiten. Wie das konkret geht, können Sie im Artikel „Konfliktfähigkeit“ nachlesen.
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