Die „Flensburger Führungssünder-Datei“

Leitplanken statt Leitlinien

Ulrich Grannemann – Können  Führungsleitlinien  die Führung wirklich verbessern? Obwohl sich manche Führungskraft ganz nah an der geforderten Leitlinie befindet, zweifelt sie, ob sie alles richtig macht. Weniger gute Führungskräfte hingegen stehen weit entfernt ohne es zu merken. Nur Leitplanken könnten zeigen: Dieses Verhalten war nicht in Ordnung!
 
Punkte-Datei für Führungssünden
Es ist zwar (noch) nicht umsetzbar, aber  wäre es nicht schön, wenn es eine Punkte-Datei für Führungssünden gäbe, nach dem Vorbild der Flensburger Verkehrsünderdatei? Bei 18 Punkten muss der Führungsschein abgeben werden. Vorher gibt es noch Gelegenheit zur Schulung und Möglichkeiten Punkte wieder abzubauen.
Bislang liegt die Verantwortung irgendwo, im oder beim Unternehmen, die „schädlichen“ Führungskräfte zu erkennen und  „unschädlich“ zu machen. Was nicht immer funktioniert.
Leitplanken
 
Gäbe es eine Führungssünderdatei, dann gäbe es auch klare Regeln darüber, was erlaubt ist und was sich verbietet. Reine Leitlinien oder Leitbilder haben den Nachteil, dass sich eine Führungskraft zum Beispiel endlos von diesen entfernen kann, ohne einen spürbaren Unterschied zu merken. Gute Führungskräfte wiederum sind oft ganz nah an den Führungsleitlinien und denken, dass sie meilenweit entfernt wären. Anders als das Verlassen einer Leitlinie ist das Durchbrechen einer Leitplanke deutlich spürbar.
Was das Unternehmen also braucht sind „Leitplanken“ die erkennbar machen, ob sich jemand innerhalb oder außerhalb des Möglichkeiten-Korridors bewegt. Leitplanken setzen heißt, dass das Unternehmen beschreiben muss, was eine Führungskraft nicht tun darf – ein Regelwerk also, das schlechte Führungskräfte verhindert.
Entwurf eines Führungssünder-Kataloges
Symptom-Bereiche
Beobachtbares Verhalten
 
Punkte:
Kennzahlen, Symptome
Überdurchschnittliche Zahl von Kündigungen
Überdurchschnittlich viele Versetzungswünschen
Überdurchschnittlicher Krankenstand
Schlechte Ergebnisse aus Mitarbeiterbefragungen
Schlechte Ergebnisse aus Audits, 360-Grad-Befragungen
Beschwerden beim Betriebsrat, Personalabteilung
„Weicheei“-Unarten
Kommunikation wichtiger Entscheidungen über Dritte
Kommunikation wichtiger Entscheidungen im Beisein von Dritten (z.B. neue Organisationsfolie vor der ganzen Mannschaft)
Keine Einbeziehung Betroffener in Entscheidungen
Hinterlassen von Machtlücken
Intrigen
(„Aber sagen Sie nicht, dass sie das von mir haben!“ –
Der Intrigant verhindert die Möglichkeit, die Aussage zu falsifizieren.)
Verstecken hinter Dritten
(man ist der Meinung…, wir haben…, Kollegen haben sich…, Kunden…., Ihre Mitarbeiter haben Kritik geübt, ich kann Sie leider nicht halten…)
Mitarbeiter vor Ranghöheren im Regen stehen lassen
(Der Erfolg gehört mir, der Fehler dem Mitarbeiter)
Ausspielen von Mitarbeiter-Gruppen gegeneinander
Wegschauen, Bagatellisieren von Mobbing
Hilflosigkeit
Ausbrüche, Ausfälle
Führungshand-werkliche Fehler
Keine Prioritäten setzen
Unklare Umrisse der Aufträge, Reinwerfen in ein Himmelsfahrtskommando
Keine Ziele setzen, hinterher meckern
Aufgaben verteilen, Kompetenzen verweigern
Zu viele Aufträge (zu kreativ)
Macht-Entscheidungslücken hinterlassen: Die Meute entscheiden lassen, Gesetz des Stärkeren
Keinen Rahmen setzen bei Besprechungen und Meetings
Pauschallob/-kritik vor möglichst vielen Dritten
Verletzung von Höflichkeits-pflichten
Kein Grüßen
(z.B. wegen eines Bankberatungstermins nicht auf die Beerdigung eines Mitarbeiters gehen)
Anwesende in der 3. Person nennen
Warten lassen, Termine verschieben, absagen, ausfallen lassen
Körpersprache: Ignoranz, stieren, hinlümmeln
Kritik vor anderen, „Blaming“
Respekt
Sarkasmus, lustig machen über andere
Beleidigungen bzgl. Stärken/Schwächen und Eigenschaften inkl. Rasse, Geschlecht, Ausbildung, Religion, pol. Überzeugung etc.
Mobbing
Ähnlich wie in der Ökologie der Natur, werden bestimmte Werte häufiger verletzt, weil deren Kosten nicht so gut und so schnell messbar sind. Es geht also auch hier um die Internalisierung externer Faktoren. Das heißt, wie können Nebenwirkungen schlechter Führung sichtbar und sanktionierbar gemacht werden?
Darum ist das ständige Weiterentwickeln von Hilfestellungen und Feedbackmöglichkeiten für Führungskräfte so enorm wichtig.
Kennen Sie Geschichten und Anekdoten, in denen Führungskräfte die „Leitplanken“ durchbrochen haben? Wenn ja, dann schicken Sie uns doch bitte Ihre Geschichte, damit wir die Liste erweitern und kompletter machen können. Danke!
Die Geschichten bitte per E-Mail an: info@Leadion.de

 

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Veröffentlicht in Allgemein.

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