Ulrich Grannemann – Je weniger Führungs-Handwerk und je weniger Struktur im (Führungs-)Management vorhanden ist, desto stärker beeinflusst die Persönlichkeit das Führungsverhalten.
Es gibt mehrere hundert Möglichkeiten die Persönlichkeit zu vermessen bzw. psychologisch „einzuteilen“ oder „zuzuordnen“. Eine Möglichkeit einer „Zuordnung“ ist, von der „extremen“ Seite, von den Persönlichkeitsstörungen aus, anzugehen. Welche Persönlichkeitsstörungen kennt die Psychopathologie? Aus der ICD (International Classification of Deseases der WHO) lassen sich 8 Persönlichkeitsstile (vgl. Saß 1987) ableiten.
In der Führungsliteratur finden Sie eine Vielzahl von Denkanstößen und Tipps, was Sie als Führungskraft tun sollten und wie Sie sich verhalten sollten, um eine „gute“ Führungskraft zu sein.
Ein persönlicher Hinweis einer Person Ihres Vertrauens, auf mögliche, persönliche „Optimierungsmöglichkeiten“ ist oft mehr Wert als tausend allgemeiner Ratschläge.
Daher, möchten Sie vielleicht einer Person Ihres Vertrauens, und die Sie auch als Führungskraft kennt, die folgende Liste vorlegen. Fragen Sie die Person, welche Führungsstörung am ehesten und an erster Stelle auf Sie zutreffen könnte:
Persönlichkeitsstil
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Führungsstörung |
Persönlichkeits-störung |
Auf welche Störung sollte ich am ehesten aufpassen? |
Gewissenhaft, sorgfältig, zuverlässig |
Es ist nie perfekt genug. Es muss schon alles richtig sein. Ich neige zu Pedanterie, Rigidität, Regeltreue und Eigensinn. |
Zwanghaft |
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Ehrgeizig, selbstbewusst |
Ich erwarte Bewunderung von meinen Mitarbeitern, Lob und Anerkennung für meine Ideen und Leistungen. Ich erzähle gerne davon. |
Narzisstisch |
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Expressiv, emotional |
Arbeiten muss Spaß machen. Ich möchte brennen und begeistert sein und möchte diese Gefühle auch zeigen und ausleben können. Arbeit ist Bühne |
Hysterisch |
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Wachsam, misstrauisch |
Nichts ist zufällig, man muss schon aufpassen. Auch Freundlichkeit ist nicht zu trauen. Ich bin ja nicht nachtragend, aber vergessen tue ich auch nichts. |
Paranoid |
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Sprunghaft, spontan |
Wenn mir einer quer kommt, dann ist aber was los. Ich bin einfach launisch. Wenn mir eine Laus über die Leber gelaufen ist |
Borderline |
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Loyal, treu |
Ich entscheide nicht so gerne ganz alleine etwas. Die Mitarbeiter müssen beteiligt und gefragt werden. Ohne deren O.K. mache ich gar nichts |
Dependent |
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Zurückhaltend, einsam |
Ich bin introvertiert und brauche meine Autonomie. Mache die Sachen lieber selbst. Begeisterung ist kindisch. Freude zeigen sollte man eher nicht. |
Schizoid |
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Abenteuerlich, risikofreudig |
Mir ist egal, was andere über mich denken. No risk, no fun – und der ist mir heilig. Man muss sich sofort zu Wehr setzen, wenn einer z.B. meine Zuständigkeit in Frage stellt. |
Dissozial |
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Wenn Sie eine Nennung bekommen haben, dann bedenken Sie, dass zu einer Schwäche immer auch eine Stärke – sozusagen die andere Seite der Medaille – gehört (z.B. dependent – loyal, treu).
Wenn Sie selber jedoch das Gefühl haben, dass die Nennung massiv auf die negative Seite der Medaille hinweist, dann sollten Sie vielleicht über ein Coaching nachdenken.
Man kann über den Wert der Persönlichkeitsmodelle und deren Typisierungen sicherlich streiten. Wozu sich solche Listen allerdings eignen ist, dass sie einen wunderbaren Anlass sind, mit seinen Mitarbeitern über die eigenen Stärken und Schwächen zu sprechen, typische Verhaltensweisen zu benennen und erste Möglichkeiten der Verbesserung und Entwicklung zu erarbeiten. Diese Modelle sind hervorragende Türöffner für Feedbackgespräche.