Die Erwartung bestimmt das Ergebnis

Schon Goethe wusste: Es macht Sinn, das Gute in anderen Menschen zu sehen

Der in der Sozialpsychologie schon lange bekannte Rosenthal-Effekt: wenn ein Forscher die Vorannahme besitzt, dass bestimmte Ratten intelligenter sind als andere, finden die scheinbar intelligenteren tatsächlich das Futter in einem Labyrinth schneller als die scheinbar dümmeren. Wie herausgefunden wurde, beschränkt sich dieser Effekt nicht nur auf die Tierwelt, sondern ist bei Menschen sogar noch stärker. So konnte der Rosenthal-Effekt im Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern nachgewiesen und vielfach verifiziert werden: wenn man den Lehrern bei bestimmten, völlig willkürlich ausgewählten Schülern, einen starken Entwicklungssprung ankündigte, verbesserten sich die Leistungen dieser Schüler massiv und der Intelligenzquotient dieser Schüler stieg um bis zu 20 Punkte.
 
Schon Goethe kannte diesen Mechanismus:
 
„Wenn wir einen Menschen nur so nehmen wie er ist, machen wir ihn schlechter“
 
Was glauben Sie über bestimmte Mitarbeiter?
„Der kapiert das nie“, „die ist einfach langsam“, „der kann das einfach nicht
 
Ein kleines gedankliches Experiment:

  1. Schauen Sie auf irgendeinen Gegenstand im Raum und finden dann alles, was daran nicht passt. Größe, Form, Farbe, Ort..
  2. Schauen sie auf denselben Gegenstand und machen sie dabei Ihren Blick „freundlich“. Finden Sie die positiven Aspekte dieses Gegenstandes: Was macht ihn besonders?
 
Wir vermitteln in unserem – vor allem unbewussten – Handeln anderen Menschen, was wir von ihnen halten und erwarten. Wie viel (Blick-)Kontakt haben wir, wie schnell – und gehaltvoll – geben wir Rückmeldungen und Anerkennung, wie viel Geduld haben wir? Wie schnell sind wir genervt, gereizt und ungeduldig?
 
Wenn wir glauben, dass etwas stimmt, wird es wahr
Wer sich übergangen, nicht gefordert, nicht gesehen oder wie ein kleines Kind behandelt fühlt, schraubt meist sein Engagement nach unten, entspricht den geringen Erwartungen, die an ihn gerichtet werden und bleibt weit unter seinem wahren Potential. Wenn Jemand vom vermeintlich geringschätzenden Verhalten eines anderen Rückschlüsse auf seine Fähigkeiten und  seine Wichtigkeit zieht, und sich zurücknimmt, verstärkt er dadurch das Vorurteil und bestätigt es.
 
Stärken in den Vordergrund stellen
Richten Sie Ihr Augenmerk nicht auf das, was beim Anderen schief gelaufen ist. Schauen Sie auf  die Erfolge. Je mehr Sie über die Schwächen eines anderen Menschen reden, desto mehr verstärken Sie diese. Sehen Sie auch mal über einen Fehler hinweg. Loben Sie, wenn etwas gut gelaufen ist. Feiern Sie, wenn ihm etwas gelungen ist!
 
Anstatt Mitarbeitern zu misstrauen, sie zu überwachen, oder sie als dumme Befehlsempfänger zu sehen,  glauben Sie an ihre individuellen Fähigkeiten und Stärken. Behandeln Sie einen Menschen so, als wäre er bereits das, was er sich erträumt.
 
Ermutigen Sie die Menschen dazu, die Dinge in die Hand zu nehmen. Anderen dabei zu helfen, das Beste aus Ihrem Leben zu machen, bereichert auch Ihr Leben.
 
Jemand sagte mal zu mir “Ich kenne nur nette Menschen.” Wie wäre das für Sie?

 

Leserkommentar zum Artikel „Die Erwartung bestimmt das Ergebnis“:
 
Bericht einer Abteilungsleiterin
 
Zu o.a. Artikel habe ich gerade aktuell völlig fasziniert ein Erlebnis. Eine Mitarbeiterin aus meinem Team ist der Aufgabenstellung bei Weitem nicht gewachsen. Sie versteht die logischen Zusammenhänge der Materie nicht und kann daher Informationen nicht hinsichtlich der einzuleitenden Schritte umsetzen. Fehlerhafte Bearbeitung, Anforderung von unnötigen Unterlagen beim Kunden und EDV- technische Fehler führen zu einem Kreislauf von Beschwerden, Ärger, Frust, Nervosität, nervlicher Anspannung etc., woraus sie nur ausbrechen kann, wenn massive Hilfestellung der Kollegen erfolgt. Diese wiederum wird immer widerwilliger gegeben usw.. Dazu kommt, dass diese Kollegin menschlich äußerst ungut agiert und daher nicht gerade  Sympathiepunkte sammelt. Insgesamt also genau der Fall Mensch, den man (ich auch) erst mal ganz einfach als unfähig und hoffnungslosen Fall abtut. So wurde ihr bis vor Kurzem auch im Team begegnet.
 
In mehreren intensiven,  mühsamen und sehr emotionalen Gesprächen habe ich mit ihr dann allerdings die Probleme ein wenig analysieren können. Sie hat deutlich gemacht, wie frustriert sie ist. Wie schockiert, dass sie nach fast zwölf Monaten noch nicht in der Lage ist, ordnungsgemäße Berechnungen anzustellen. Dass Kolleginnen, die erst ein paar Monate hier sind, im Gegensatz zu ihr, schon eigenständig arbeiten. Dass sie denkt, sie sei dumm. Intuitiv habe ich ihr aufgezeigt, was sie gut macht. Dass es sehr mutig ist, ein Scheitern sich selbst und auch den Kollegen/ Vorgesetzten gegenüber einzugestehen, dass es Menschen gibt, die Praktiker sind, andere Theoretiker, andere Zahlenmenschen, die bei buchhalterischen Dingen glänzen und man eben den richtigen Platz finden muss. Dass sie sich bemüht und fleißig ist- Lob, Lob. Und siehe da, die Frau ist wie ausgewechselt. Die Arbeitsqualität hat sich zwar (noch?) nicht gesteigert, aber sie kommt selbstbewusster, ausgeglichener zur Arbeit, kommt im Team dadurch besser an und ist seltener krank.  Dinge, die vor zwei Wochen als „muss ich wieder Jemand fragen“ unerledigt zur Seite gelegt wurden, werden stur nacheinander abgearbeitet, egal wie mühsam es ist. Ein von mir empfohlenes Seminar wird nun angegangen. Sie erscheint mir wie beflügelt.
 
Wir werden sehen, wie es weiter geht. Aber es ist schön zu sehen, wie ein Mensch aufblüht, mit dem man sich ein bisschen beschäftigt und ihm zeigt, dass er wichtig ist. Eigentlich logisch – nur leider in unserer hektischen Welt nicht genug beachtet.
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Veröffentlicht in Effizienz.

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