Manager-Phrasen als Slam-Poesie -In Bullshit-Gewittern

„Am Ende des Tages hat der Change-Prozess Prio 1“ – beim ersten deutschen Bullshit-Slam schießen die Teilnehmer Manager-Nonsens im Stakkato. Und entlarven, worum es Dauer-Bullshittern wirklich geht.

Für so viel Bullshit riecht Dr. Jan-Philipp Wendenschloss erstaunlich gut. Der smarte „Senior Principal“ in Dreiteiler und Karokrawatte umkreist mit heftigen Schritten ein Flipchart. Für seine „rock solid Status-quo-Analyse“ lädt er sein Publikum ein, „gemeinsam in die Helikopterperspektive“ zu gehen. Bisher laufe doch einiges „suboptimal“ in seiner „Konzern AG“.
Mit rotem Marker malt der Ex-McKinsey-Berater ein „Ziel-Bild“, ein etwas schiefes Koordinatensystem: Oben der „success“, unten die Zahl der Meetings. Eigentlich sollte der „success“ mit jedem Meeting steigen, doch statt „results“ wird bisher nur Bullshit produziert. Wer dafür verantwortlich ist, kann man sich denken. Bullshit im Stakkato ist die Spezialität des Managers. Für die Lösung tritt Wendenschloss ganz nah an den Bühnenrand: „Wir brauchen besseren Bullshit.“

In Wahrheit heißt der Bullshitter Thomas Ramge, ist Wirtschaftsjournalist und mit hohlen Managementphrasen somit wohlvertraut. „Bullshit ist eine dritte Kategorie zwischen Wahrheit und Lüge“, zitiert Ramge den Philosophen Harry Frankfurt. „Wer lügt, muss sich festlegen. Mit Bullshit vermeidet der Sprecher eine klare Aussage und täuscht trotzdem Kompetenz vor.“

Mit fünf anderen Experten tritt Ramge beim ersten deutschen Bullshit-Slam auf. Auf einer Bühne im Hamburger Schanzenviertel bewerfen sie die Besucher eineinhalb Stunden lang mit New-Age-Nonsens, Manager-Müll und anderer Verbalscheiße. Gefühlt wird man mit jedem Vortrag ein Stück dümmer. Die Besucher dürfen jeden Beitrag auf einer Zehn-Punkte-Skala bewerten, der Punktsieger ist Bullshit-König des Abends.

„Kaboom!“

Marcus Rohwetter hält ein Päckchen Biokaffee in die Luft. Oder? „Das ist kein Kaffee, das ist eine Chance“, ruft der vermeintliche Erfolgscoach im weißen Hemd, die Ärmel hochgekrempelt. Man denke doch nur an den indonesischen Katzenkaffee. Dessen Bohnen werden im Darm des Fleckenmusangs zu einem absurd teuren Heißgetränk veredelt. „Das ist das Tolle am Kapitalismus: Scheiße lässt sich tatsächlich zu Gold machen“, resümiert Rohwetter.

Aber was ist noch besser als Gold? Mehr Gold! Die Idee, in Elefantendung nach teuren Bohnen zu wühlen, habe er leider schon verkauft: „Black Ivory“, schwarzes Elfenbein. Genial. Aber auch Wellensittiche oder Kaninchen könnten doch Goldesel werden. „Wissen Sie, was das für ihr Business bedeutet? Genau, Kaboom!“
Kaboom! Rohwetter hat Bullshit vom Besten gelernt: Kürzlich hat der Redakteur der ZEIT einen Vortrag von Jordan Belfort besucht, dem einstigen „Wolf of Wall Street“. „Der hat dreieinhalb Stunden erzählt und nichts gesagt“, sagt Rohwetter. Für Belforts Peptalks zahlen Tausende Menschen Geld, viel Geld. Er werde in diesem Jahr mehr verdienen als in seinen besten Jahren als Börsenmakler, sagte Belfort dem Wirtschaftsdienst Bloomberg im Mai.

Neben der Begegnung mit dem Bullshit-Weltmeister hat Rohwetter beruflich aber auch mit viel Alltagshumbug zu tun. In seiner Kolumne „Quengelzone“ entlarvt er jede Woche Marketing-Blabla, sein Postfach quillt vor Leseranregungen über. Sein Rezept gegen Bullshit: „Man muss einfach nachfragen, was das wirklich bedeuten soll.“

Thomas Ramge hat noch ein anderes: Noch mehr Bullshit. In den Seminaren, die der Journalist in Firmen gibt, lässt er „Sales. Du.“ spielen. Nur mit dieser völligen Nonsensphrase dürfen sich die Teilnehmer ansprechen, schütteln sich dabei die Hände und klopfen sich auf die Schulter. „Sales. Du. Sales Du. Sales Du.“, minutenlang. Wenn sie den Quatsch erst mal rausgelassen haben, ist der Kopf zum Denken erst richtig frei.

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Veröffentlicht in Arbeitsmanagement.

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