Michael Schmidt- Die aktuellen Machtkämpfe bei VW zeigen einmal mehr, dass starke Führungspersönlichkeiten sowohl Segen als auch Fluch für ein Unternehmen sein können und wie gefährlich es sein kann, wenn ein Unternehmen zu stark von einer oder wenigen Personen abhängig ist. Daher wird in den letzten Jahren der Wunsch nach flachen Hierarchien, kooperativer Führung unter Einbeziehung der Mitarbeiter und den Verzicht auf autoritäre Führung immer lauter.
Führung bedeutet jedoch andererseits, dass jemand führt und andere folgen. Führung bleibt also eine Form der Interaktion zwischen Menschen, die auf der Grundlage einer Legitimation (sprich einer Grundlage für das Einverständnis der Folgenden, sich führen zu lassen und den Führenden zu vertrauen). Wie kann diese Legimitation konkret aussehen? Dafür gibt es viele Beispiele. Hier exemplarisch zwei davon aus aktuellem Anlass:
- In unserer Gemeinde fand vor kurzem der Wahlkampf um den Posten des Bürgermeisters statt. 3 Kandidatinnen und Kandidaten bewarben sich um die Aufgabe, zwei erfahrene Führungskräfte aus dem öffentlichen Bereich und eine Person in der Rolle des Newcomers. Letztere hatte zuerst große Sympathien, da viele Wähler sich einen Wechsel und frischen Wind wünschten. Leider erwies sich diese Person aber als wenig überzeugend: Stark in der Formulierung einer abstrakten Vision für die Gemeinde, aber schwach bei der konkreten Ausformulierung derselben und mit großen Lücken bei den konkreten Zielen und ersten Schritten. Selbst bei der 5. Präsentation blieb das Konzept dieser Person sehr vage. Alles, was immer wieder betont wurde, war: „Ich mache es mit Ihnen, den Bürgerinnen und Bürgern, GEMEINSAM“. Das Ergebnis: Platz 3 im 1. Wahlgang und Rückzug vor dem 2.. Fazit aus meiner Sicht: GEMEINSAM genügt nicht! Neben dem „wie“ braucht es auch ein „wohin“, sprich Ziele, die es anzustreben lohnt. Die Vision und das Auftreten des Newcomers reichten nicht aus, um genügend Vertrauen bei den Bürgern aufzubauen.
- Nicht nur Jürgen Klopp hört bei Borussia Dortmund auf, auch Sebastian Kehl. Er hat als Profi mehr als 13 Jahre für Dortmund gespielt (und dabei am Anfang seiner Karriere ein Angebot von Bayern München ausgeschlagen!) und im Abschlussinterview sinngemäß gesagt: Er hoffe, dass er ein Vorbild an Einsatz, Bescheidenheit, Verantwortung und Dienst am Ganzen gewesen sei. Damit hat er das Vertrauen des Vereins, des Trainers und der Fans bekommen und es nicht enttäuscht.
Und somit haben wir zumindest 2 Grundlagen für eine haltbare Legitimation von Führung: Eine attraktive und lohnende Zukunftsvision und Ziele sowie ein vorbildhaftes Verhalten (auch und gerade in Zeiten des Misserfolgs), um dadurch Vertrauen aufzubauen. Beides lässt sich sowohl autoritär als auch kooperativ vermitteln. Wenn Kooperation jedoch bedeutet, dass Verantwortung und Ziele nicht mehr klar sind bzw. sich Führungskräfte hinter Compliance-Regeln verstecken anstatt persönliches Vertrauen (und damit Zutrauen und Gefolgschaft) aufzubauen, dann ist es mit der Führung schnell vorbei.
Apropos: Ferdinand Piëch hatte lange das Vertrauen aller Beteiligten trotz seines autoritären Verhaltens, weil er sich dem Unternehmen verpflichtet fühlt und sich entsprechend dafür eingesetzt hat. Erst der Verlust dieses Vertrauens durch sein einseitiges und unabgestimmtes Vorgehen hat seiner Autorität geschadet.
Fazit: Legitimation basiert wesentlich auf Vertrauen (auch in Ziele).
Sehr richtig.
Und Vertrauen ist ein Prozess.
MfG
Martin Oberngruber-Steinecker