Plädoyer gegen Zielboni

Ulrich Grannemann – Sind Zielboni das letzte Gefecht eines tayloristischen Bildes von einem lenkbaren, ökonomisch handelnden Menschen, während unsere Welt immer komplexer und vernetzter wird und wir eigentlich mehr Mitdenken und mehr Vertrauen brauchen als je zuvor?

Das Ziel der Ziele ist Orientierung. Doch Ziele werden auch gerne als Grundlage für die Berechnung von variablen Teilen der Entlohnung genutzt. Aber Vorsicht vor den Nebenwirkungen! Klaus Watzka legt in „Zielvereinbarungen in Unternehmen“ (Gabler-Verlag) ein leidenschaftliches Plädoyer gegen Zielboni vor. Nachfolgend die – aus unserer Sicht – wichtigsten Argumente:
1.     Fehlkonditionierung
Statt das Prinzip Engagierte Leistung gegen faire Vergütung und Arbeitsbedingungen zu fördern, wird ein anderes Prinzip konditioniert: Keine Leistung ohne Gegenleistung.
2.     Innere Unruhe
Durch die Vereinbarung von Zielboni entsteht bei Mitarbeitern die Denke: Habe ich auch alle Möglichkeiten ausgenutzt? Habe ich schlecht verhandelt? Kann ich die Leistung noch besser verkaufen? Ob diese Unruhe mehr Leistung für das Unternehmen bringt ist fraglich.
3.     Scheuklappeneffekt
Die einseitige Orientierung auf die Boni-Kennzahlen führt zur Vernachlässigung aller nicht messbaren, insbesondere auch der „weichen“, Leistungsmerkmale
4.     Einzelkämpfereffekt
Zu den Fehlorientierungen gehört die Konzentration auf die eigenen Ziele. Rücksicht und Blick auf benachbarte Gruppen und Abteilungen in der Wertschöpfung stören da nur.
5.     Betriebsklima
Unternehmen sind arbeitsteilig und Leistung ist ein komplexes Gemeinschaftsergebnis. Sind Ziele unabhängig von anderen? Fehler der anderen greifen direkt in meine Geldbörse!
6.     Leistungsfassade
Die Leistungsfassade wird wichtiger als der Leistungskern. Die Beschönigung und das Verstecken von Fehlern und Engpässen werden belohnt.
7.     Scheingerechtigkeit
Nicht Leistung, sondern Verhandlungsgeschick in den Jahresgespräches wird gemessen und belohnt. Eine Vergleichbarkeit liegt in der heutigen Arbeitsteiligkeit eh nicht vor.
8.     Zielverselbständigung
Ist ein Ziel erst einmal etabliert, dann kann man es nur schwer wieder los werden. Man hat schon so viel investiert und sich fast daran gewöhnt. Die Folge ist eine langfristige Fehlorientierung.

Auch Reinhard K. Sprenger kommt in seinem Buch „Aufstand des Individuums – Warum wir Führung komplett neu denken müssen“ zu vernichtenden Urteilen über die Wirkung von Zielen. Sind Zielboni das letzte Gefecht eines tayloristischen Bildes von einem lenkbaren, ökonomisch handelnden Menschen, während unsere Welt immer komplexer und vernetzter wird und wir mehr mitdenken und mehr Vertrauen brauchen als je zuvor? Zumindest brauchen wir einen vorsichtigen und offenen Umgang mit diesem Führungsinstrument.

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Veröffentlicht in Veränderungsmanagement.

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