Gruppenzusammenhalt als Heilmittel gegen Stress

Ulrich Grannemann – Immer mehr Stress, hohe Unsicherheit und hohe Veränderungsrate führen zu erhöhten Krankenständen. Viele suchen nach resilienten, das heißt widerstandsfähigen Mitarbeitern und Führungskräften. Jetzt führen Studien von Prof. Rolf van Dick (Goethe-Universität Frankfurt) und seinen Mitarbeitern in eine ganz andere Richtung. Danach hängt Widerstandsfähigkeit gar nicht vom Individuum, sondern von der Gruppe ab.  

Die Studien
Verglichen wurden die Konzentrationen des Stresshormons Cortisol bei Callcenter-Mitarbeitern bzw. Studenten in Stresssituationen. Die Studenten sollten einen Bewerbungsvortrag halten und anschließend von der Zahl 2043 ausgehend in 17er-Schritten rückwärtszählen. Bei jedem Fehler musste von vorne begonnen werden. Die eine Gruppe wurde direkt in die Aufgaben geschickt. Die Vergleichsgruppe führte einen kleinen Teamidentitätsprozess durch (Austausch von Gemeinsamkeiten und gemeinsamer Gruppenname). Die Cortisol-Konzentration war nach den Aufgaben bei den Nicht-Team-Probanden mehr als doppelt so hoch (59 Prozent zu 124 Prozent Steigerung gegenüber der Normallage).
Bei den Callcenter-Mitarbeitern wurde vorher der Grad der Identifikation mit der Gruppe und dem Unternehmen erfragt. Hier war das Stresshormon bei den Nicht-Team-Probanden sogar 7-mal so hoch.
 
Die Deutung
Nichts scheint heilsamer als das Vertrauen und das gegenseitige Auffangen in der Gruppe. Die Heilkräfte der Gruppe sind durch die vielen individuelle Maßnahmen nicht zu ersetzen. Es lässt sich nicht leugnen, dass der Mensch sich aus der Horde entwickelt hat.
 
Was heißt das für uns als Führungskräfte?
Nach Prof. van Dick ist es genau falsch, gestresste Mitarbeiter zu isolieren und sie auf Entspannungskurse und zu Ärzten zu schicken. Vielleicht liegt hier auch der Grund dafür, dass so viele Burnout-Patienten an ihren alten Arbeitsplatz zurück wollen. Auch wenn alle Studien davor warnen. Sie suchen vielleicht nicht die alten Aufgaben, sie suchen vielmehr die heilende Gruppe.
 
Als Führungskraft sollte ich mir folgende Fragen stellen:
 
1.     Frage: Wie viele Gelegenheiten schaffe ich, in denen meine Mitarbeiter miteinander persönlich und arbeitsfrei reden können? Sowohl in den täglichen Strukturen (Pausen siehe Artikel „Erfolg? Am Ende zählt die Körpersprache!") als auch in den Ritualen übers Jahr verteilt? Was kann ich mehr machen?
 
2.     Frage: Streue ich unnötige Konkurrenz ins Team? Z.B. durch konfliktäre Zielvereinbarungen, durch mein Verhalten in den Meetings, durch das Reden mit Mitarbeitern über andere Mitarbeiter etc.
 
3.     Frage: Wie oft sage und schreibe ich „Wir“? Welche Folien, Charts, Kommunikationsmittel enthalten das „Wir“? Und kaum etwas stärkt das „Wir“ stärker als die Abgrenzung zu den Konkurrenten.
 
Die besten Ratgeber in Sachen Team sind Ihre Mitarbeiter. Lassen Sie sich überraschen, welche Ideen Mitarbeiter liefern können.
 

Wir werden als Führungskräfte immer mehr zu „Vertrauenserzeugern“. Vertrauen wird immer mehr zur Mangelgröße. Dabei ist Vertrauen die Basis und der Schmierstoff von fast allem.

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