Der Status

Nach eine Unterlage von Jost Meyer (Schauspiellehrer)

1. Was ist Status?

Der Begriff des Status in der hier gebrauchten Form wurde erstmals von Keith Johnstone im Rahmen seiner Theaterarbeit verwendet. Er ist ein nützliches Werkzeug für die Analyse und die Steuerung von Kommunikation. In erster Linie kennzeichnet er ein wahrnehmbares Verhalten einer Person gegenüber

  • einer anderen Person
  • einer Gruppe von Personen
  • dem Raum

Wir unterscheiden in der Regel Hochstatus, Gleichstatus und Tiefstatus. In Bezug auf eine andere Person können wir das Statusverhalten folgendermaßen definieren:

Im Hochstatus ist derjenige, der durch sein Verhalten seine Überlegenheit und/ oder die Unterlegenheit seines Gegenüber demonstriert.
Subtext (also das, was hinter dem Wort wirkt): ich habe die Kontrolle

Im Gleichstatus ist derjenige, der durch sein Verhalten seine Ebenbürtigkeit bezüglich des Gegenübers demonstriert.
Subtext: ich teile die Kontrolle

Im Tiefstatus ist derjenige, der durch sein Verhalten seine Unterlegenheit und/ oder die Überlegenheit seines Gegenüber demonstriert.
Subtext: ich gebe die Kontrolle ab

2. Aspekte des Statusbegriffes:

Der Status kennzeichnet immer eine spezifische Beziehungsqualität zwischen Personen, genauer gesagt kann eine Person A gegenüber Person B Hochstatus zeigen und gleichzeitig gegenüber Person C Tiefstatus.
Der Status wird von zwei Seiten aus definiert:

  • Ich kann mein Gegenüber durch mein Verhalten einseitig in Hoch- Gleich- oder Tiefstatus versetzen, ohne dass er diesen aktiv ergänzen muss, ich dränge ihm quasi einen Status auf.
  • Ich kann wählen, ob ich ein Statusangebot meines Gegenübers akzeptiere oder nicht.
  • Das Wechselspiel von Statusangeboten, sowie deren Annahme oder Ablehnung bezeichnet man als Statuswippe. Wie bei dem gleichnamigen Kinderspielzeug können hier Wechsel – das sogenannte „Kippen“ – von hoch nach tief und umgekehrt sehr schnell und oft stattfinden.

Statusverhalten bezieht sich nicht immer auf die gesamte Person, sondern oftmals auf Teilaspekte, z.B.:

  • Spezielle Fertigkeiten, die von anderen respektiert und gebraucht werden.
  • Persönliche Mankos, derer wir uns bewusst sind.

Wir können also ein und derselben Person gegenüber – je nach Situation – Hoch-, Gleich- oder Tiefstatusverhalten zeigen, wobei die Situation eines“ reinen“ Gleichstatus bei genauer Betrachtung recht selten vorkommt.

Oftmals spiegelt Statusverhalten Glaubenssätze bezüglich der Identität der eigenen Person und des Gegenübers. Jemand mit geringem Selbstwertgefühl greift aus Gründen des Selbstschutzes entweder zum

  • Tiefstatus: Hierbei fungiert das Statusbewusstsein als selbsterfüllende Prophezeiung: ?Ich weiß, dass die anderen alles besser können, also versuche ich es erst gar nicht.?
  • Gleichstatus: „Betrachte mich bitte als dir gleichwertig.“
  • Hochstatus: „Ich bin besser als du, egal was du tust oder sagst.“

Andererseits ist das Statusverhalten nicht immer gleichbedeutend mit dem Grad des Selbstwertgefühls eines Menschen. D.h. etwa eine Person mit starkem Selbstwertgefühl wird je nach Erfordernis der Situation Tiefstatus, Gleichstatus oder Hochstatus gegenüber dem Interaktionspartner einnehmen. Zum Beispiel bei einer Polizeikontrolle (tendenziell Tiefstatus), in einem erzieherischen Kontext (tendenziell Hochstatus).

Als Faustregel kann gelten:
Derjenige mit der größten Statusflexibilität beherrscht die Situation.

3. Wo spielt Statusgeschehen eine Rolle?

Statusverhalten ist praktisch in allen Lebensbereichen wahrnehmbar (in Freundschaften und Liebesbeziehungen wie auch in beruflichen Situationen).

  • Unter Freunden, selbst unter guten, gibt es oft subtile Statusspiele: ?Ich erziehe meine Kinder etwas besser als du deine, ich bin etwas erfolgreicher, schöner als du …? Wichtig ist hier, dass der Statusunterschied nur relativ gering ausfallen darf, ansonsten schlägt das Verhalten der Hochstatusperson in Mitleid, schlimmstenfalls in Verachtung um.
  • In Liebesbeziehungen: „Ich bin etwas großzügiger als du, kann mich daher als der bessere Mensch fühlen, ich bin etwas vernünftiger als du, mir obliegt daher die Entscheidung in dieser oder jener Sache …“ Statusverhalten in Liebesbeziehungen war früher im Wesentlichen durch klare Rollenfunktionen geprägt. Heutzutage muss in einer Beziehung das Statusgefüge (nach dem Versuchs-Irrtums-Prinzip) erst definiert werden, was manchmal schwierig ist.
  • Die Statusspiele an vielen Arbeitsplätzen laufen naturgemäß in allen denkbaren Intensitätsgraden. Klaffen hier der formelle und der informelle Status zu weit auseinander, ist mit erheblichen Störungen zu rechnen. Wenn etwa bei Vorgesetzten (formell: hoch) ein wichtiges Statusverhalten, nämlich Fehler zuzugeben (informell: tief), gegenüber Untergebenen nicht angemessen gezeigt wird, hat das meistens erheblichen Vertrauensschwund zur Folge.

4. Wie drückt sich der Status aus?

Statusverhalten wird auf mehreren Ebenen sichtbar:

  • im körperlichen Ausdruck:Blickrichtung, Blickdauer, Sitzposition, Stehposition, Bewegungsdynamik, Raumgriff, emotionale Geräusche (geräuschvolles Atmen, Räuspern, Lachen, Hüsteln, Stöhnen, Übersprungslaute wie äh, tja etc.)
  • durch die Sprechweise:dünne/ volle Stimme = sog. Stimmsitz, Sprechgeschwindigkeit, Tonhöhe, Lautstärke, Sprachfluss etc.
  • durch den kommunizierten Inhalt (wie stelle ich mich/ meine Arbeit dar, wie beschreibe ich den anderen, wie beschreibe ich dritte etc.)
  • durch die gesamte Verhaltensstrategie (Eingehen auf den anderen, Gesprächsführung, emotionale Offenheit/ Reserviertheit, Berechenbarkeit, Humor, Zuspätkommen etc.)

5. Wie wird Status erlebt?

Der Status und Statusveränderungen werden vor allem physisch erlebt als bedrückendes oder als freies Gefühl vorwiegend im Bauch, in Brust- oder Halsgegend. Aber auch viele Gedanken und Emotionen können in Statusereignissen ihren Ursprung haben bzw. von ihnen begleitet werden:

Freude, Trauer, Wut, Angst, Liebe, Ohnmacht, Rachegedanken, Genugtuung, Nervosität, Scham, Kraftlosigkeit, Euphorie, Gefühl der Abhängigkeit/ Macht?

6. Wofür ist das Wissen um Statusvorgänge nützlich?

Statusvorgänge durchziehen praktisch unser gesamtes gesellschaftliches Leben.
Wenn wir das menschliche Statusverhalten unserer Mitmenschen und unser eigenes richtig interpretieren, können wir Rückschlüsse ziehen auf unsere eigenen Wünsche, vermeintliche und echte Fähigkeiten, Glaubenssätze und Selbstbilder und die des Gegenübers.

Jeder Mensch hat in der Regel einen Lieblingsstatus als Hauptstrategie für sein Leben gewählt. Es ist somit wichtig:

  • seinen eigenen Lieblingsstatus zu kennen und damit sinnvoll umzugehen
  • den des Gegenübers zu kennen und damit zu operieren (anerkennen oder etwas dagegen setzen)

7. Wie kann ich mein eigenes Statusverhalten und das der anderen positiv beeinflussen im Sinne eines funktionierenden Dialogs?

Genaue Selbstwahrnehmung:

  • In Bezug auf welche Person bzw. auf welchen Aspekt der Person empfinde ich eine Statussituation?
  • In welchem Status bewege ich mich dabei gerade?
  • Fühle ich mich in diesem Status wohl, kongruent, unfrei etc.?
  • Welche Ausdrucksebenen verwende ich? > Blickrichtung, Blickdauer, Sitzposition, emotionale Geräusche etc. (siehe Punkt 4)

Genaue Wahrnehmung des Gegenübers

  • Welchen Status weist mir mein Gegenüber zu?
  • Wirkt das Statusverhalten des Gegenübers kongruent?
  • Was sagt mir das Statusverhalten über mein Gegenüber?
  • Genaue Wahrnehmung der verschiedenen Ausdrucksebenen
  • Genaue Wahrnehmung der Absicht der Kommunikation

und damit:

  • sinnvoller Statuseinsatz bezüglich des Kommunikationszieles und des Gegenüber.
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Veröffentlicht in Führungsrolle.

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