Ulrich Grannemann– Wir sind nur so gut wie unsere Entscheidungen. Unsere Entscheidungen sind nur so gut, wie die Informationen, die in sie hinein geflossen sind. Umso wichtiger ist es, welchen Einflüssen, Menschen undInputs wir uns aussetzen.
Eine Quelle benutzen wir als Führungskräfte mit Sicherheit viel zu wenig. Dabei liegt sie so nah und birgt oft genau die relevanten Informationen: unsere Mitarbeiter.
Die Welt der Informationen hat drei Bereiche:
1. Das, was wir wissen, die Mitarbeiter aber nicht.
2. Das, was wir und unsere Mitarbeiter wissen.
3. Und – und um diesen Schatz geht es (!) – das, was die Mitarbeiter wissen, wir aber nicht.
Welche Schätze liegen hier verborgen?
Die Mitarbeiter kennen die Erwartungen und Vorstellungen ihrer Kontakte und Kunden besser als die Führungskräfte. Sie wissen, welche Abläufe gut sind und welche Schwierigkeiten machen. Sie reden mit Kunden, Kollegen und anderen Leuten, die die Führungskraft nicht kennt. Sie sehen wie ich, die Führungskraft, wirke. Ich nicht. Sie sehen vielleicht Prioritäten, die falsch gesetzt sind. Sie sehen Regeln für Zusammenarbeit, Kommunikation und Entscheidungen, die fehlen oder falsch sind. Und sie stellen natürlich ein Reservoir von Ideen und Kreativität dar, das ungenutzt bleibt, wenn ich die Mitarbeiter nicht dazu auffordere und frage.
Warum stellen wir so wenig Fragen?
Die Einwände, die dagegen sprechen, Mitarbeiter mehr zu Beratern zu machen, sind vor allen Dingen:
Erster Einwand: Die Haltung und das Rollenbild, dass ich ja gerade deshalb Führungskraft geworden bin, weil ich selber so viele Ideen habe. Das Rollenbild des heldenhaften Kämpfers oder des Vaters, der gerade die Führungsrolle übernommen hat, weil er allein und selbst die Entscheidungen trifft und treffen kann. Stelle ich die Frage, was der Mitarbeiter an meiner Stelle machen würde, muss ich befürchten, dass ich meinen Nimbus, meinen Status, mein Autorität verliere. Oder ich fürchte sogar den Vorwurf, dass ich die anderen meiner Arbeit machen lasse.
Die Haltung, die Fragen erlaubt ist, dass ich meiner Verantwortung nicht gerecht werde , wenn ich meine Entscheidungen nicht gut vorbereite. Dass gute Führungskräfte nicht allwissend sind, sondern gute Moderatoren. Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Delegation einer Entscheidung und der Entscheidung die durch Fragen an die Mitarbeiter gut vorzubereitet ist.
Zweiter Einwand: Wer viel fragt bekommt viele Antworten. Vielleicht erhöht sich die Komplexität des Problems durch diesen Input. Aber vielleicht wird die Lösung dann auch besser.
Dritter Einwand: „Bevor ich allen Mitarbeiter motivierend erklärt habe, warum ihre Idee nicht oder nur zum Teil in meine Entscheidung einfließt, entscheide ich lieber allein“ sagte eine Führungskraft bei der Diskussion über dieses Thema. Habe ich diesen Einwand im Hinterkopf werde ich den Teufel tun und meine Mitarbeiter zu Beratern machen.
Um diese Barrikade, die mich hindert im Land meiner Mitarbeiter auf Schatzsuche zu gehen, zu überwinden brauche ich das Einverständnis mit meinen Mitarbeitern. Ist es o. k., dass Ideen und Gedanken und Ratschläge unter Umständen nur zum Teil oder gar nicht ihren Niederschlag finden?
Stimmt die Grundhaltung und das Einverständnis und das Verständnis der Mitarbeiter, sind alle Voraussetzungen gegeben.
In einem Kreis von Führungskräften haben wir die besten Fragen gesammelt. Haben Sie selber auch schon gute Erfahrungen mit dem stärkeren Einbeziehen der Mitarbeiter gemacht? Dann schicken Sie uns Ihre Schätze. Welche Fragen haben Sie gestellt? Fragen, die sie vielleicht sogar gerettet haben oder sehr nützlich warten?
Eine Auswahl der besten Fragen:
– Ich muss eine Präsentation, ein Angebot, ein Konzept oder Ähnliches machen, was sollte Ihrer Meinung nach darin vorkommen? Was sollte ich beachten?
– Gibt es aus Ihrer Sicht Regeln, Prozesse oder Prioritäten, die wir anpassen sollten?
– Wenn es Dinge oder Punkte gäbe, die ich vermutlich nicht sehe oder sehen kann, die aber wichtig sind, welche wären das?
– Was kann ich Ihrer Meinung nach besser machen? (Die einfache Frage nach Feedback)
– Wohin schaue ich Ihrers Erachtens zu wenig? Worauf sollte ich mehr Aufmerksamkeit legen?
– Angenommen, wir hätten ein Meeting von zwei Stunden und Sie allein bestimmen die Tagesordnung. Welche Tagesordnungspunkte würden Sie setzen?
– Wenn Sie an meiner Stelle wärest, welche beiden Dinge würdest Du sofort ändern?
Geteiltes Problem, halbes Problem.
Wer sagt denn, dass wir als Führungskräfte immer schon eine Lösung haben müssen. So denken wir gar nicht über die Möglichkeit nach, einfach erst einmal nur das Problem zu schildern ohne schon eine Lösung zu haben (z.B. Kapazitätsengpässe, Ressourcen, Mängel, Fehler die passiert sind)
In meiner eigenen Erfahrung waren es die Ideen der Mitarbeiter, die sehr häufig den richtigen Weg gezeigt haben.