Volkswagen und die Angst

Wie kann so etwas passieren? Wie kann Zielerreichung so vor Verantwortung und Vernunft stehen? VW-Vorstandsmitglied und Betriebsratschef Bernd Osterloh fordert einen Kulturwandel. Er fordert ein Klima, in dem Probleme nicht versteckt werden, sondern an Vorgesetzte kommuniziert werden.

Man braucht keine große Fantasie, um sich vorstellen zu können, wie das passieren konnte:

  1. Akt: ein anspruchsvolles, ambitioniertes Ziel von oben.
  1. Akt: Tabuisierung von Informationen, die das Ziel gefährden, verursacht durch angstmachende Chefs („Sie wollen mir doch wohl nicht sagen…“.
  1. Akt: „Angstbotschafter“ und „Angsthaber“, die im vorauseilenden Gehorsam -auch schon ohne Angstmacher- die Wahrheit nicht mehr weiter kommunizieren.

Es gibt seit jeher das Idealbild des Patriarchen, dessen fordernde und strafende Seite durch eine fürsorgliche und gnädige Seite ausgeglichen wird. Fehlt die gute Seite, werden aus Patriarchen Tyrannen. Die Angst in solchen Kulturen paralysiert die Mitarbeiter und führt zu parallelen Wirklichkeiten: die vorgespielte und die echte. Und leider erreicht die echte Wirklichkeit die Führungskräfte nicht mehr.

 

Von Angstmachern und Angsthabern

Lassen Sie vor Ihrem inneren Auge einige Ihnen bekannte Führungskräfte erscheinen und legen Sie eine Rangreihe an: Wem würden Sie sich anvertrauen? Wem würden Sie einen Fehler, eine heikle Angelegenheit anvertrauen und wem nicht? Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine gemeinsame Autofahrt mit diesen Führungskräften. Wie lange würden Sie brauchen um Vertrauliches zu offenbaren?

 

Am Anfang steht die Tabuisierung

Welche Verhaltenweisen fördern, welche verhindern Offenheit?

Eine spontane Befragung im Kreis unsere Führungskräfte gab folgende Nennungen für die Verhinderung von Offenheit:

  • Einen gestressten Eindruck machen.
  • Signale, dass man keine oder wenig Zeit für Mitarbeiter hat.
  • Knappe kurze Kommunikation.
  • Viele Imperative: „Das geht aber nicht…“
  • Tabuisierung: „Sie wollen doch wohl nicht…“
  • Feste, selbstsichere Körper- und Kopfhaltung (Hochstatus).
  • Bagatellisierung von Problemen von Mitarbeitern.
  • Sofortige Rechtfertigung von Entscheidungen, die von Mitarbeitern hinterfragt werden.
  • Durchsetzungsstärke gegenüber den Mitarbeitern, flexible und offen gegenüber den Prinzipien (statt umgekehrt).
  • Ausbrüche, Killerphrasen, Sarkasmus, Nicht-Ernst-Nehmen der Mitarbeiterfragen und Mitarbeiteranliegen.
  • Spontanausbrüche und Spontankündigungen.

Welchen Offenheits- bzw. Vertrauenswert auf einer Skala von 1 bis 10 würden wohl Ihre Mitarbeit Ihnen geben? Wie oft haben Sie Verhaltensweisen gezeigt, die Sie in der vorherigen Aufzählung wieder gefunden haben?

Die neue Führung darf nicht wieder zulassen, dass Geschichten von zitternden Entwicklungschefs von Spontankündigungen durch die Unternehmen ziehen. Vor diesem Hintergrund ist das einseitige Fördern von Charisma und Durchsetzungsstärke neu zu bewerten.

 

Und die Angsthaber

Entsteht Angst durch Vererbung oder durch Erziehung? Das können wir dann nicht verändern. Was wir aber verhindern können ist, dass Mitarbeiter im Unternehmen entsprechende Erfahrungen machen und das Gerüchte, Anekdoten, Vermutungen durch die Flure ziehen. Hinter vielen Geschichten stehen reine Fantasien. Aber: Woher die Nahrung kommt, ist der Angst egal!

 

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Veröffentlicht in Ziele.

2 Kommentare

  1. Nur kurz der Hinweis: Es gibt nicht den „Patriarchaten“, nur den Patriarchen. Patriarchat ist das Abstraktum zu diesem Begriff. Also: Das Patriarchat, das Matriarchat u.s.w.

    Schöne Grüße,

    G.B.

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