Führung: Definition und Begriffe

ThinkingUlrich Grannemann – Führungsdefinitionen scheint es wie Sand am Meer zu geben. Prof. O. Neuberger (2002, S. 12 ff) hat nur die gebräuchlichsten Definitionen gesammelt und braucht dafür vier Seiten. Und doch lässt sich eine Schnittmenge ausmachen:

Führung. Aufgabe der Führungskraft ist, die Mitarbeiter so einzusetzen, dass sie die gewünschten Ergebnisse der Organisation erreichen. Oder noch kürzer:

„Unsere Aufgabe ist es, Mitarbeitern zu helfen, erfolgreich zu sein“.
Unterschiede in den Definitionen beziehen sich vor allem darauf, was führen steuern, beeinflussen, einsetzen, manipulieren oder helfen und unterstützen bedeutet. Aus sozialpsychologischer Sicht ist Führung eine Sonderform der Interaktion, geprägt durch das Machtgefälle zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Aus organisatorischer Sicht ist Führung eine unternehmerische Funktion zur Leistungserstellung.
Führungskonzeption. Gesamtheit aller Elemente der Mitarbeiterführung in einem Unternehmen oder einer Organisation (Führungsmodell, Führungsschema, Laufer 2008, S.41)
 
Führungskultur. Die Summe aller, vor allem auch ungeschriebenen und akzeptierten, Regeln in einem Unternehmen. Welche Erwartungen bezüglich der Führung haben die Menschen in einem Untenehmen? Was ist charakteristisch in der Art und Weise zu führen? Welche Einstellung hat vor allem die Unternehmensführung zu Führung und Mitarbeitern?
Führungsorganisation Wie organisiert ein Unternehmen seine Führung? Als Linie, Projekt, Prozess oder Matrix? In welcher Struktur werden welchen Ebenen welche Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten zugeordnet? (Führungsspanne, Führungsebenen, Führungsstruktur)
Führungsstile, Der Führungsstil fasst verschiedene (häufig tausende) führungsrelevanter Verhaltensweisen zusammen, die mit Hilfe der Faktorenanalyse zu Gruppen (Stilen) zusammengefasst (verdichtet) wurden. Mehr zu Führungsstilen: Führungsstile Übersicht.
Führungsrolle. Unter Rolle wird im Allgemeinen die Gesamtheit der Erwartungen verstanden, die an eine Person in einer Position gerichtet werden. Es ist ein Satz schematisierter Handlungsanweisungen (Neuberger, 2002, S. 314). Unterschiede in den Rollenerwartungen führen zu Verantwortunglücken und Kooperationsfehlern.
 
Führungsleitlinien. Führungsleitlinien beschreiben die Werte, nach denen sich die Führungskräfte orientieren sollen: Respekt, Vertrauen, Loyalität, Ehrlichkeit, Offenheit, Glaubwürdigkeit, Höflichkeit, Kooperation, Committment, Innovation, Zuverlässigkeit, Veränderungsbereitschaft, Identifikation, Teamorientierung, Wertschätzung, Geradlinigkeit, Ergebnisorientierung und vieles mehr. Der Abstraktionsgrad der Werte macht es schwierig zu entscheiden ob eine Führungskraft die Leitlinien überschritten oder eingehalten hat. Sie sind aber wichtige Grundlagen der Diskussion, was gute Führung ist. Ziel sind Führungsleitplanken, die gute Führung markieren. (Führungsethik, Führungsprinzipien, Führungswerte)
Führungskraft. Zur Führungskraft wird ein Mitarbeiter durch die Weisungsbefugnis über die Arbeitszeit eines Anderen. Das kann auch die Betreuung eines Praktikanten oder neuen Kollegen sein. Die Weisungsbefugnis ist in modernen Organisationen selten vollständig. Disziplinarische Führung verwaltet die Punkte des Arbeitsvertrages und damit die Umfänge der Arbeitszeit, überlässt aber die inhaltliche Ausgestaltung der Zeit nicht selten der fachlichen Führung und/oder der Projektleitung.
 
Führungsnotwendigkeit. Ist Führung überhaupt notwendig? Drei Ansätze:
(1.) Führung stellt sicher, dass entschieden wird.
(2.) Leistungen entstehen durch Arbeitsteilung. Die geteilte Arbeit wird durch Führung durch Abstimmung wieder zusammen geführt.
(3.) Sozialpsychologisch entsteht Führung von ganz allein. Unser Eigennutz lässt uns dem folgen, dessen Kompetenz uns am meisten einbringt. Dazu verzichten wir gern auf eigene Autonomie.
Führungsideologien. Was rechtfertigt Führung? Worauf gründet sie? Wer kann Anspruch auf Führung erheben? Herkunft, Alter und Erfahrung, Adel, Wahl durch andere, Fähigkeiten, Seilschaften, Energie, Ausstrahlung und Charisma, die Idee, Überzeugungskraft, Ressourcen wie Geld und andere Formen der Macht oder die Zuordnung eines Amtes? Wer wird befördert in einer Organisation?
Führungstheorien. Sie versuchen das Führungsgeschehen abzubilden. Beispiele sind die Eigenschaftstheorie, die kybernetischen, systemischen und evolutionspsychologischen Theorien. Jede Sozialwissenschaft hat ihre Theorie der Führung beigetragen. Sie sind wichtig für die Hypothesenbildung. Für das tägliche Handeln dienen sie naturgemäß wenig (Führungsmodelle).
Führungskräfteentwicklung. Gesamtheit aller Elemente und Systeme eines Unternehmens, die die Führungskräfte erkennt, auswählt, befördert und fördert, instruiert, informiert, begleitet, trainiert, coacht und den Transfer evaluiert.
Führungskompetenzen
Welche Kompetenzen soll eine Führungskraft in einem Unternehmen haben? Daraus entstehen sog. Anforderungsprofile für Führungskräfte.
Persönliche
Komp.
Soziale Komp.
Fachliche,
methodische
Komp.
Führungs- komp.
Unter-nehmerische
Komp.
Wenn bestimmte Aspekte besonders betont werden sollen, lassen sich weitere Kompetenzen herausstreichen: Veränderungskompetenz, Internationalität, Team-, Konfliktfähigkeiten u.v.m.
Führungsbereiche
 
Wir unterscheiden vier Führungsbereiche, denen sich die Führungsaufgaben zuordnen lassen:
Transpersonale Führung
Die Arbeit an der eigenen Führungspersönlichkeit
Führungspersön-lichkeit
Transaktionale Führung
Die Arbeit an den Aufgaben: von den Zielen bis zum Feedback
Aufgaben
Interpersonale Führung
Die Kommunikation mit den Menschen
Mitarbeiter
Transformationale Führung
Die Arbeit als Unternehmer im Unternehmer
Unternehmer
© Leadion, 2009
 
 
Führungsaufgaben und -funktionen
Insgesamt ordnen wir sechzehn Führungsaufgaben oder –funktionen den vier Bereichen (Ich-Aufgaben-Menschen-Unternehmer) zu:
1. Transpersonale Führung
Basis ist die ständigen Entwicklung der eigenen Persönlichkeit
1.1. Persönlichkeits-entwicklung
1.2. Kommuni-kationsfähigkeiten
1.3. Führungs-einstellung und
-rolle
1.4.Führungsmandat und –auftrag
Kenntnis der Stärken und Schwächen, Antreiber, Werte
Verbale und nonverbale Kommunikation
Arbeitsverhalten
Haltung, Rollenverständnis,
Führungsstile
Führung nach „oben“
Kongruenz von Verantwortung und Ressourcen, Reporting
2. Transaktionale Führung
Der Kernauftrag liegt darin, Mitarbeitern zu ermöglichen, erfolgreich zu sein:
2.2. Ziele
2.2. Delegation
2.3. Steuerung, Moderation, Monitoring
2.4. Feedback
Dynamische Priorisierung,
Orientierung und Handlungsspielraum
Schnitt der Aufgaben,
Methodik der Delegation
Struktur der Regelkommunikation
Moderation von Meeting und Besprechungen
Lob und Kritik in Respekt und Klarheit
3. Interpersonale Führung
Grundlage der Führung ist die Bindung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft
3.1. Beziehung
 
 
3.2. Motivation
3.3. Können Kompetenz-
entwicklung
3.4. Team
Kommunikations- und Kooperationsregeln
Konflikte
Engagement, Erwartungsmanagement
Initiative
Personalentwicklung
Förderung on und off the Job
Gruppendynamik und Kohäsion, Maßnahmen zur Teamentwicklung
4. Transformationale Führung
Die Führungskraft ist Unternehmer, Entrepreneur und Repräsentant
4.1. Strategie
 
 
4.2. Verbesserung
4.3. Positionierung
4.4. Veränderungs-management
Neue Wege,
Effektivität
Entrepreneurship
Kaizen,
KVP und stetige
Steigerung der Effizienz
Vernetzung im Unternehmen
Mikropolitik, Umgang mit
Stakeholdern
Sensibilisierung, Veränderungsbereitschaft und –fähigkeit
© Leadion, 2009
 
 
Führungsinstrumente
 
sind Werkzeuge, Hilfsmittel oder Tools die helfen, die Führungsaufgaben oder –funktionen zu erfüllen. Ein Instrument ist etwas, was man anfassen oder anschauen kann: Ein Blatt, eine Tabelle, eine Datei. Insofern kann man sich streiten, ob ein Gespräch oder ein Meeting ein Führungsinstrument oder –werkzeug ist.
Analyse-instrumente, Checklisten
Darstellungen, Übersichten, Visualisierungen
Leitfäden, Instruktionen
Gespräche, Meetings
Ergebnisse/
Protokolle, Akten
Aufgabenanalyse
Tests und Fragebögen
Prozesslandschaft,
Leitchart,
Gesprächsleitfäden,
Handbücher zu Prozessen
Jahresgespräch, Delegations-, Motivations- Feedbackgespräche, Zwischengespräche
Stellenbeschrei-bungen, Gesprächs-Protokolle
Instrumente oder Werkzeuge sind die kleinsten „Führungseinheiten“ vor den einzelnen „Tagesordnungspunkten“ Interaktionen, Kognitionen und Gedanken selbst.
Führungsaktionen, Führungsmaßnahmen, Führungsprojekte sind in sich abgeschlossene Führungseinheiten mit einem eigenen Ziel bzw. Ergebnis. Das kann die Delegation einer Aufgabe (Aktion), die Durchführung einer Teamentwicklung, Strategiesitzung, Besprechung, Aufgabeninventur mit einem Mitarbeiter (Maßnahme), die Reaktivierung eines demotivierten oder ausgebrannten Mitarbeiters oder die Vorbereitung eines Mitarbeiters zur Übernahme einer neuen Aufgabengruppe (Projekt) sein. Führungsaktionen, -maßnahmen und –projekte beinhalten in aller Regel eine Kombination mehrere Instrumente oder Werkzeuge.
Führungssysteme. Viele Führungsfunktionen liegen in der freien Gestaltung zwischen Mitarbeiter und Führungskraft. Bei manchen jedoch sind Dritte im Unternehmen beteiligt. Es müssen Protokolle oder Ergebnisse an andere weiter gegeben werden. Dann wird ein System notwendig, das die Abläufe regelt. Zum Beispiele durch Betriebsvereinbarungen oder Standards. Solche Führungssysteme sind z.B. das Mitarbeiterjahresgespräch, Leistungsbeurteilungssysteme, Zielvereinbarungssysteme u.ä. (Führungsinstrumentarium)
Führungsmanagement. Wie manage, handhabe ich meine Führung? Führungsmanagement ist die Gesamtheit aller Aufgaben- und Projekt-Übersichten, Checklisten und Aufforderungssysteme mit denen ich meine Führung organisiere. Der vielleicht wichtigste Teil ist die feste Grundstruktur, die festen Termine im Wochen-, Monats- oder Jahresrhythmus, die Gelegenheiten schaffen über Arbeit und Arbeitsbedingungen zu reden und sie zu verbessern.
 
„Alternative“ Führungserklärungen:
  • Führung ist wie der Schneemensch. Alle berichten von Spuren. Keiner hat ihn je gesehen.(Bennis, Nanus, 1990, S.27)
  • Führung ist wie Hausfrauenarbeit. Niemand sieht sie. Es sei denn, sie wird nicht gemacht. (Ruth Seliger, 2010)
  • Führung ist wie Tchibo: Jede Woche eine neue Welt. (unbekannt)
  • Führung ist wie Sex. Jeder ist der Beste und keiner sagt die Wahrheit. (unbekannt)

 

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Veröffentlicht in Führungsauftrag.

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