Immer wieder fällt es Leuten schwer, sich für offensichtliches Fehlverhalten oder die ungewollten Folgen ihrer Handlungen zu entschuldigen – mit manchmal fatalen Folgen. Ein krasses Beispiel lieferte der Oberbürgermeister von Duisburg und sein Führungsteam angesichts der Love-Parade-Katastrophe. Die Folge: Abwahl des OB und eventuell jetzt sogar strafrechtliche Verfolgung. Auch der aktuelle Dieselskandal zeigt, dass fehlende Entschuldigungen bzw. die mangelnde Übernahme von Verantwortung für eigene Fehler ein Unternehmen im wahrsten Sinne des Wortes „teuer“ zu stehen kommen kann. Umgekehrt kann eine (ehrlich gemeinte) Entschuldigung sofort deeskalierend wirken, Spannungen abbauen und sowohl Beziehungen stärken als auch bessere Sachlösungen herbeiführen. Warum fällt es dann vielen Menschen so schwer, das Zauberwort „Entschuldigung“ oder „es tut mir leid“ auszusprechen? Aus meiner Sicht hat das mehrere Ursachen:
- Das Wort „Schuld“ als Teil des Wortes Entschuldigung. Offensichtlich will niemand „schuld“ sein (weder juristisch noch emotional) bzw. sich schuldig fühlen. Dabei geht es bei der Entschuldigung lediglich um die Übernahme der Verantwortung für mein Handeln bzw. die Folgen desselben, auch wenn ich diese Folge gar nicht beabsichtigt hatte.
- Die Angst davor, mehr als meinen Anteil bzw. alles an Folgen aufgeladen zu bekommen. Wer etwas zugibt und Verantwortung übernimmt, ermöglicht es anderen Beteiligten, die „Schuld“ allein auf diese Person zu schieben und selbst außen vor zu bleiben. Daher kann man oft – gerade bei schweren Folgen – erleben, dass formal Verantwortliche „Schuld-Mikado“ spielen: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren. Dies wird noch verstärkt durch die z. T. berechtigte Befürchtung, auch juristisch verantwortlich gemacht zu werden. Dann kann ich zumindest immer noch äußern, dass es mir leid tut, um das Wort „Entschuldigung“ zu vermeiden
- Als Kinder haben wir oft erlebt, dass wir aus unserer Sicht übermäßig beschuldigt wurden für etwas, was wir gemacht haben und diejenigen, die sich gedrückt haben, straffrei ausgingen. Daher kann man schon bei kleinen Kindern beobachten, dass sie sagen: „Ich war’s nicht!“ Daraus kann sich schnell eine innere Einstellung und ein Verhaltensmuster entwickeln, Verantwortung für Fehler abzulehnen.
Was können wir also tun, um das „sich entschuldigen“ zu üben, damit es uns leichter fällt? Es beginnt damit, unseren eigenen Anteil an der Entwicklung einer Sache bzw. die Folgen unseres Verhaltens zu sehen und anzunehmen. Dabei kann uns z. B. die Bergpredigt als Bild helfen, wo es heißt: „Warum siehst Du den Dorn im Auge Deines Bruders und den Balken in Deinem eigene Auge nicht?“ Außerdem könnten Sie einmal darauf achten, was gestisch passiert, wenn Sie mit dem Finger auf jemanden zeigen (was laut unseren Eltern ja gar nicht erlaubt ist 😊). Dann werden sie sehen, dass gleichzeitig drei Finger auf Sie zeigen. Die drei Finger stehen für: Meine Wahrnehmung, meine Interpretation der Situation und meine Gefühle dabei. Wenn ich diese drei Teile zu einem Feedback in Ich-Form zusammenfasse, wird mir und dem anderen mein Anteil klarer, und nur für den übernehme ich Verantwortung. Für diesen Teil fällt es mir dann auch leichter, mich erforderlichenfalls zu entschuldigen.